Höngen, Elisabeth, Alt, * 7.12.1906 Gevelsberg (Westfalen),
7.8.1997 Wien. Sie trat schon mit 15 Jahren öffentlich als Geigerin
auf, studierte dann Germanistik und Musikwissenschaft an der Universität
und an der Musikhochschule Berlin; ihre Stimme wurde durch Hermann Weißenborn
in Berlin ausgebildet. Sie debütierte 1932 in Berlin in dem Oratorium
»Deborah« von Händel, und sang ab 1933 am Stadttheater
von Wuppertal und kam von dort 1935 an das Opernhaus von Düsseldorf,
wo sie bis 1940 blieb. Bereits 1934 gastierte sie mit dem Wuppertaler
Ensemble in Holland als Marcellina in »Figaros Hochzeit«.
1938 war sie wieder in Holland, jetzt mit dem Opernhaus von Düsseldorf,
als Fricka in der »Walküre« zu hören. 1937 wirkte
sie in Düsseldorf in der Uraufführung der Oper »Magnus
Fahlander« von Fritz von Borries mit. In Düsseldorf wirkte
sie in den deutschen Erstaufführungen der Opern »Der König
von Yvetot« von J. Ibert (1936) und »Dafni« von Mulè
(1939) mit.1940-43 Mitglied der Dresdner Staatsoper. Hier nahm sie u.a.
am 4.2.1942 in der Uraufführung der Oper »Die Zauberinsel«
von H. Sutermeister teil. 1943 wurde sie an die Staatsoper von Wien berufen
(Antrittsrolle: Ortrud im »Lohengrin«), zu deren prominentesten
Künstlern sie während der folgenden 29 Jahre gehörte; ihre
großen Erfolge an der Wiener Staatsoper hatte sie als Dorabella,
als Herodias und als Klytämnestra.. Man feierte die Sängerin
an der Mailänder Scala, an der Covent Garden Oper von London (1947
und 1959-60) am Teatro Colón von Buenos Aires, an der Grand Opéra
Paris, in Amsterdam, Zürich, Berlin und München. An der Mailänder
Scala sang sie bereits 1943 die Klytämnestra in »Elektra«
von R. Strauss, 1949 die Fricka und die Waltraute, 1950 wieder Partien
im Ring-Zyklus, 1950 ein Solo in der Missa solemnis von Beethoven und
1962 die Geneviève in »Pelléas et Mélisande«.
Beim Maggio musicale Fiorentino hörte man sie 1941 als Brangäne
im »Tristan«, 1942 als Octavian im »Rosenkavalier«,
1948 als Ortrud im »Lohengrin« (mit Renata Tebaldi als Elsa),
am Teatro Colón Buenos Aires 1949 als Magdalene in den »Meistersingern«
und als Amme in der »Frau ohne Schatten« von R. Strauss. An
der Londoner Covent Garden Oper sang sie 1947 mit dem Wiener Ensemble
die Marcellina in »Figaros Hochzeit«, die Dorabella in »Così
fan tutte« und die Herodias in »Salome«, in der Saison
1959-60 nochmals die Herodias und die Klytämnestra in »Elektra«.
1953 trat sie an der Grand Opéra Paris als Klytämnestra auf,
1957 an der Oper von Monte Carlo als Marcellina in »Figaros Hochzeit«,
1958 auch dort als Klytämnestra, 1960 als Herodias in »Salome«
von R. Strauss, am Teatro Comunale Florenz 1948 als Amneris in »Aida«,
an der Oper von Straßburg 1960 und 1963 als Herodias, an der Deutschen
Oper Berlin 1962 als Klytämnestra. Sie gastierte am Théâtre
de la Monnaie Brüssel (1963), am Grand Théâtre Genf
(1947), am Teatro Liceo Barcelona (1956) und bei den Festspielen von Bregenz
(1961 als Czipra im »Zigeunerbaron«). 1951-52 war sie an der
Metropolitan Oper New York tätig (Antrittsrolle: Herodias in »Salome«).
Sie sang an der Metropolitan Oper auch die Waltraute im Nibelungenring
und die Klytämnestra in »Elektra« von R. Strauss. In
Wien wirkte sie 1965 in der Premiere von Strawinskys »The Rake's
Progress« als Türkenbaba mit. Bedeutende Erfolge hatte sie
bei den Festspielen von Salzburg, u.a. 1950 in der Titelpartie von Benjamin
Brittens »The Rape of Lucretia«, 1948-49 als Orpheus von Gluck,
1948 und 1956 als Marcellina in »Figaros Hochzeit«, 1949-50
als Clairon im »Capriccio« von R. Strauss, 1958 in der Uraufführung
der Oper »Julietta« von Heimo Erbse, dazu in vielen Konzertveranstaltungen.
Die Künstlerin sang bei den Festspielen von Edinburgh und Bayreuth
(1951 Fricka und Waltraute im Nibelungenring) sowie beim Maggio musicale
Florenz. 1957 erhielt sie einen Ruf als Professorin an die Wiener Musikakademie,
setzte aber ihre große Karriere weiter fort. 1971 nahm sie an der
Wiener Staatsoper ihren Bühnenabschied, nachdem sie an diesem Haus
allein 44 verschiedene Partien zum Vortrag gebracht hatte. Als letzte
Partie sang sie im gleichen Jahr an der Wiener Volksoper die Principessa
in »Suor Angelica« von Puccini.
Umfangreiche, schön gebildete Stimme, deren dramatische Ausdruckskraft
und deren Stilgefühl Bewunderung erregten. Sie galt als eine der
großen Sänger-Schauspielerinnen ihrer künstlerischen Generation.
Ihr großes darstellerisches Talent erwies sich in Partien wie der
Klytämnestra in »Elektra«, der Lady Macbeth, der Herodias
in »Salome«, der Amme in der »Frau ohne Schatten«
und der Ortrud im »Lohengrin«.
Schallplatten: HMV-Electrola (9. Sinfonie von Beethoven), Philips, DGG
(»Elektra«, Liederzyklus »Frauenliebe und -leben«
von R. Schumann) Columbia (Lied-Aufnahmen), Seraphim (»Hänsel
und Gretel«), UORC (»Frau ohne Schatten« von R. Strauss),
Urania (»Macbeth« von Verdi), Decca (»Frau ohne Schatten«),
Bruno Walter Society (vollständiger »Ring des Nibelungen«),
Murray Hill (Erda im »Siegfried«, Fricka in »Rheingold«
und »Walküre«), (Marcellina in »Figaros Hochzeit«),
Cetra Opera Live (»Aida«), Rococo (zwei Aufnahmen »Elektra«
in der Rolle der Klytämnestra), Melodram (f-moll Messe von Bruckner,
Verdi-Requiem). Nixa, Everest, Telefunken. Es sind zahlreiche Mitschnitte
von Aufführungen auf Cetra (»Andrea Chénier«,
Staatsoper Wien 1960) und auf weiteren Marken vorhanden (u.a.»Salome«
aus der Staatsoper Wien von 1947).
Lit.: E. Wurm: »Elisabeth Höngen. Ein Künstlerbild«
(Wien, 1966).
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