Kittel, Hermine, Alt, * 2.12.1879 Wien, 7.4.1948 Wien; ihr
Vater war der Wiener Volkssänger Wilhelm Kittel. Sie wurde zunächst
Schauspielerin und debütierte als solche 1897 in Laibach (Ljubljana).
1898 wurde sie an das Theater von Graz verpflichtet. Man entdeckte ihre
Stimme, als sie in Graz in einer Suppé- Operette sang. Nach deren
Ausbildung durch die berühmte Amalie Materna in Wien hörte man
sie 1899-1900 in Graz als Magdalena im »Evangelimann« von
W. Kienzl, als Floßhilde im »Rheingold«, als Adriano
in »Rienzi« und als Orlowsky in der »Fledermaus«.
Den Orlowsky sang sie dann auch 1900 als Antrittsrolle an der Wiener Hofoper
(seit 1918 Staatsoper Wien), deren Mitglied sie für die folgenden
dreißig Jahre blieb. Zu Beginn ihrer Karriere wurde sie dort durch
den großen Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler gefördert.
1902 und 1908 wirkte sie bei den Festspielen von Bayreuth als Erda und
als erste Norn im Nibelungenring mit. Sie gastierte als Konzertsolistin
auch in Berlin und in Basel (1903 unter Gustav Mahler), als Opernsängerin
in Brünn (Brno) und Köln. 1910 sang sie beim Salzburger Mozart-Fest
die 3. Dame in der »Zauberflöte«. Am 1.4.1914 wirkte
sie in Wien in der Uraufführung der Oper »Notre Dame«
von Franz Schmidt, am 4.10.1916 in der Uraufführung der Zweitfassung
der Richard Strauss-Oper »Ariadne auf Naxos« in einer kleinen
Partie mit. Bei den Salzburger Festspielen trat sie 1922 und 1925 als
Marcellina in »Figaros Hochzeit«, 1926 als Dryade in »Ariadne
auf Naxos« und 1928 als 3. Dame in der »Zauberflöte«
auf. Gastvorstellungen in Paris, Budapest und Prag nahmen einen sehr erfolgreichen
Verlauf. Sie sang in Wien als weitere Partien die Ortrud im »Lohengrin«,
die Brangäne im »Tristan«, die Magdalene in den »Meistersingern«,
die Manuela in »Der Corregidor« von Hugo Wolf, die Rotelse
in »Die Rose vom Liebesgarten« von Hans Pfitzner und wirkte
dort 1918 in der deutschsprachigen Erstaufführung von Janáceks
»Jenufa« als alte Buryja mit. Im Konzertsaal schätzte
man sie vor allem als Interpretin des Alt-Solos in Gustav Mahlers »Lied
von der Erde«; sie sang dieses Solo u.a. 1913 in Amsterdam. 1931
gab sie ihre Bühnenkarriere auf und arbeitete seitdem als Gesanglehrerin
in Wien. 1936 erschien sie nochmals auf der Bühne der Wiener Staatsoper
als Gräfin Palmatica im »Bettelstudenten« von Millöcker.
Sie war verheiratet mit dem Bariton Alexander Haydter (1872-1919), der
wie sie an der Wiener Hodoper engagiert war. Ihr Bruder, Karl Kittel,
war ein bekannter Dirigent und war 1904-39 als Assistent bei den Bayreuther
Festspielen tätig. - Hervorragend schöne, dunkel glänzende
Altstimme, die ein sehr umfassendes Bühnen- und Konzertrepertoire
meisterte.
Die Stimme der Sängerin ist durch sehr viele Schallplatten überliefert;
diese erschienen auf G & T (die ältesten Aufnahmen von 1903,
in Wien hergestellt), auf Odeon und HMV. Ein Titel auf Pathé. Auf
Victor wurde das Schlußduett aus »Carmen« mit Leo Slezak
veröffentlicht.
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