Metzger-Lattermann, Ottilie, Alt, * 15.7.1878 Frankfurt a.M., Februar
1943 (?) Auschwitz; ihr Vater war Journalist und Redakteur beim Berliner
Tageblatt. Sie studierte bei Frau Selma Nicklaß-Kempner, bei Georg
Vogel und bei Emanuel Reicher in Berlin und debütierte 1898 am Stadttheater
von Halle (Saale). Sie war 1900-1903 am Opernhaus von Köln und 1903-15
am Stadttheater (Opernhaus) von Hamburg emgagiert. In Hamburg begann die
große Karriere der Künstlerin. Sie wirkte dort in den Uraufführungen
der Opern »Bruder Lustig« von Siegfried Wagner (1905), »Versiegelt«
von Leo Blech (1908) und »Izeyl« von E. d'Albert (1909) mit.
Man feierte sie in Hamburg als Carmen zusammen mit dem großen Tenor
Enrico Caruso. Sie gastierte an den Hofopern von Berlin und Wien (1901),
an den Hoftheatern von Wiesbaden (1903) und München (1903), an der
Kaiserlichen Hofoper von St. Petersburg, an der Londoner Covent Garden
Oper (seit ihrem dortigen Debüt 1902), in Brüssel, Ostende und
Budapest. An der Covent Garden Oper sang sie 1910 in der Erstaufführung
der »Salome« von Richard Strauss die Herodias, dann auch die
Klytämnestra in »Elektra«. Bei den Festspielen von Bayreuth,
bei denen sie erstmals 1901 mitwirkte, sang sie 1904 die Erda, 1904 und
1912 die Waltraute im Nibelungenring. 1902 heiratete sie den Schriftsteller
Clemens Froitzheim, 1910 in zweiter Ehe den Bariton Theodor Lattermann
(1880-1926). 1910 wirkte sie als Solistin in der Münchner Uraufführung
der 8. Sinfonie von Gustav Mahler mit. Sie gastierte an vielen deutschen
Opernhäusern, u.a. 1901-11 regelmäßig an der Oper von
Frankfurt a.M., auch an den Hoftheatern von Weimar und Karlsruhe, am Opernhaus
von Leipzig, an der Komischen Oper Berlin (1909), am Berliner Theater
des Westens (1901) und am Stadttheater von Nürnberg, 1908 an der
Wiener Hofoper, 1913 an der Hofoper von Budapest. 1912-13 übernahm
sie am Théâtre de la Monnaie Brüssel Partien in Aufführungen
des Nibelungenrings. Bei den Bayreuther Festspielen sang sie 1901-02 und
1912 die Floßhilde und die Grimgerde im Ring-Zyklus, 1902 und 1912
auch die 2. Norn. 1920 trat sie gastweise an der Oper von Oslo, 1921 am
Teatro Liceo Barcelona auf. 1914-15 unternahm sie eine große Nordamerika-Tournee;
1916 gastierte sie in Amsterdam als Brangäne im »Tristan«.
1916-21 sang sie an der Hofoper (seit 1918 Staatsoper) von Dresden, 1922-24
unternahm sie eine weitere Nordamerika-Tournee mit der German Opera Company.
Dabei sang sie 1923 am Great Northern Theatre Chicago in der amerikanischen
Erstaufführung der Oper »Der Evangelimann« von Kienzl
die Magdalena. 1924 trat sie in der gleichen Oper in New York auf, wo
sie auch die Maria von Magdala in der amerikanishen Erstaufführung
der »Toten Augen« von d'Albert kreierte. Dann lebte sie in
Berlin und gab noch Gastspiele und Konzerte. Weitere Bühnenpartien:
Ortrud im »Lohengrin«, Magdalene in den »Meistersingern«,
Hänsel in »Hänsel und Gretel«, Fides im »Propheten«
von Meyerbeer, Amneris in »Aida«, Orpheus von Gluck, Dalila
in »Samson et Dalila« von Saint- Saëns. Seit 1927 wirkte
sie als Pädagogin am Stern'schen Konservatorium in Berlin. Ihre letzten
offiziellen Konzerte fanden 1933 in Berlin (unter Bruno Walter) und Dresden
(unter Otto Klemperer) statt. Als Jüdin konnte sie nach 1933 nur
noch beim Jüdischen Kulturbund auftreten; sie sang 1934 bei dessen
Aufführungen in Berlin, im Oktober 1935 in Frankfurt a.M. 1939 mußte
sie als Jüdin Deutschland endgültig verlassen; sie flüchtete
nach Brüssel, wo sie bei ihrer Tochter lebte, und betätigte
sich dort als Pädagogin. Nach der Besetzung Belgiens wurde die Sängerin
1942 von den deutschen Behörden verhaftet und in das Konzentrationslager
Auschwitz verschleppt, wo sie umgekommen ist. Der deutsche Kaiser Wilhelm
II., der sie sehr geschätzt hatte, soll sich von seinem Exil auf
Schloß Doorn in Holland aus vergeblich um ihre Freilassung bemüht
haben.
Schallplatten: G & T (früheste Aufnahmen von 1904), Odeon (1906-08),
HMV (1908-12), Parlophon (zahlreiche Aufnahmen seit 1913), Edison-Amberola-Zylinder
(1913); Edison-Amberola-Zylinder (1911), Pathé - Platten (Berlin
1912), unveröffentlichte Homochord-Platten (1929 elektrisch aufgenommen,
wahrscheinlich verlorengegangen).
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