Stignani, Ebe, Alt, * 11.7.1903 Neapel, † 5.10.1974 Imola; Studium am Konservatorium San Pietro a Majella in Neapel bei Agostino Roche. Bei einem Schülerkonzert des Konservatoriums hörte sie der Direktor des Teatro San Carlo Neapel und engagierte sie für sein Opernhaus, wo sie 1925 als Amneris in »Aida« debütierte. Dabei war sie so erfolgreich, daß Arturo Toscanini sie sogleich an die Mailänder Scala verpflichtete; als Antrittspartie sang sie hier 1926 die Prinzessin Eboli im »Don Carlos« von Verdi. Dabei wurde die junge Sängerin stürmisch gefeiert. Bis zum Jahre 1956 galt Ebe Stignani als die führende Altistin der Scala. 1927 gastierte sie erstmalig am Teatro Colón von Buenos Aires als Hänsel in »Hänsel und Gretel«, 1933 sang sie dort die Marfa in »Khovantchina« von Mussorgsky. 1937 bewunderte man sie an der Londoner Covent Garden Oper als Amneris, und seither war sie dort bis 1957 oft als Gast zu hören. 1937-38 trat sie an der Oper von San Francisco auf. Beim Maggio musicale von Florenz sang sie 1937 in Verdis »Nabucco« und in »La Vestale« von Spontini, 1940 die schwierige Koloratur-Partie des Arsace in »Semiramide« von Rossini. Sie gastierte auch bei den Festspielen von Glyndebourne. Sie sang am 16.5.1928 an der Scala in der Uraufführung von Pizzettis »Fra Gherardo«, am 24.2.1937 in der Uraufführung von Ottorino Respighis Oper »Lucrezia«. 1930, 1935, 1938 und 1949 hörte man sie bei den Festspielen in der Arena von Verona, 1937 bei den Festspielen in den römischen Thermen des Caracalla als Amneris. An der Covent Garden Oper London gastierte sie 1937, 1939 und 1955 als Amneris, 1939 und 1952 als Azucena (wohl ihre größte Kreation) und 1952 wie 1957 als Adalgisa in »Norma« mit Maria Callas in der Titelpartie. Während die Künstlerin in Europa und Südamerika glänzende Erfolge hatte, ist sie erstaunlicherweise nur selten in Nordamerika aufgetreten. Hier gastierte sie nochmals 1948 an der Oper von San Francisco. Anschließend gab sie Konzerte in Minneapolis und New York, doch kam es nicht zu einer Verpflichtung an die New Yorker Metropolitan Oper. In den letzten Jahren ihrer Karriere sang sie hauptsächlich an großen italienischen Bühnen. Beim Edinburgh Festival von 1957 trat sie in Cimarosas »Matrimonio segreto« auf. 1951 sang sie bei einem Gastspiel des Teatro San Carlo Neapel in Paris die Ulrica im »Maskenball«, 1955 war sie in Chicago zu Gast. 1958 verabschiedete sie sich offiziell am Drury Lane Theatre in London als Azucena von der Bühne und trat danach nochmals in Dublin als Amneris auf. Sie lebte darauf ganz zurückgezogen in Imola. An ihrer Altstimme bewunderte man die mächtige Klangflülle ebenso wie den Nuancenreichtum ihrer Ausdruckskunst und ihre vorbildliche Gesangtechnik. In Partien wie der Adalgisa in »Norma«, der Eboli in Verdis »Don Carlos«, der Laura in »La Gloconda«, der Azucena im »Troubadour« und der Leonore in »La Favorita« setzte sie Maßstäbe für eine ganze Generation von Sängerinnen. Die große Tonhöhe ihrer Stimme erlaubte ihr die Bewältigung einer Anzahl von dramatischen Sopranpartien.
Schöne Schallplatten der Marken Columbia, (bereits 1930 vollständige »La Gioconda«, später »Norma« mit Maria Callas, »Il matrimonio segreto« von Cimarosa), Decca (»Aida«), HMV (»Aida«, »Carmen«), Cetra (»Norma«, »La forza del destino«, »Don Carlos«). In zahlreichen Mitschnitten von Opernaufführungen erscheint sie als Partnerin von Maria Callas, so auf HRE (»Aida«, »Norma«), Cetra Opera Live (»La Vestale«, »Troubadour«) OMY (»Norma«, Covent Garden Oper 1952), Melodram (»Norma«, Rom 1955).
Lit: B. De Franceschi & P.F. Mondini: »Ebe Stignani« (Imola, 1982); H. Rosenthal: Ebe Stigani (in »Opera«, 1952); E. Davidson: All about Ebe (Opera News, 1970-71).
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