Melchior, Lauritz, Tenor, * 20.3.1890 Kopenhagen, 18.3.1973
Santa Monica (Kaliforniern); eigentlicher Name Lauritz Lebrecht Hommel
Melchior. Er war der Sohn eines Rektors einer Privatschule für Knaben
in Kopenhagen. Als Knabe sang er im Chor der englischen Kirche in Kopenhagen.
Er begann seine Ausbildung zum Sänger 1908 bei Paul Bang in Kopenhagen
und debütierte 1913 als Bariton in der Partie des Silvio im »Bajazzo«
an der Königlichen Oper Kopenhagen. Die Sängerin Mme Charles
Cahier riet ihm bei einem Gastspiel in Kopenhagen ins Tenorfach zu wechseln.
Darauf studierte er 1917-18 bei Vilhelm Herold in Kopenhagen und sang
seit 1918 Tenor-Partien. Sein Tenor-Debüt erfolgte an der Oper von
Kopenhagen in der Partie des Tannhäuser. Bis 1921 blieb er an der
Kopenhagener Oper, an der er auch später oft zu Gast war. Es folgten
weitere Studien 1921-23 bei Victor Beigel in London, bei Ernst Grenzebach
in Berlin und bei Anna Bahr-Mildenburg in München. 1924 trat er mit
sensationellem Erfolg an der Covent Garden Oper London als Siegmund in
der »Walküre« auf, wo er seitdem bis 1939 (mit Ausnahme
der Saison 1925-26) alljährlich gastierte. 1924-31 stand er im Mittelpunkt
der Bayreuther Festspiele; er galt unbestritten als der größte
Wagner- Tenor seiner Epoche. Mit Cosima und Siegfried Wagner verband den
Künstler eine herzliche Freundschaft. Als erste Partie sang er in
Bayreuth 1924 den Parsifal und hat dann, abgesehen vom Lohengrin und dem
Walther von Stolzing in den »Meistersingern«, bis 1931 alle
großen Tenor-Partien von Wagner dort vorgetragen. Sir Thomas Beecham
behauptete während seines langen Wirkens nur zwei wirkliche Heldentenore
gehört zu haben: Francesco Tamagno (den ersten Othello von Verdi)
und Lauritz Melchior. 1927-30 gehörte er zum Ensemble der Hamburger
Staatsoper. 1925-39 war Lauritz Melchior als ständiger Gast der Berliner
Staatsoper verbunden, wo er sehr beliebt war. Außerdem gastierte
er in Wien und München, an der Grand Opéra Paris (1931-33)
und in Brüssel, in Mailand und Stockholm, in Chicago (1934-41) und
San Francisco (1934-45). Zwischen 1931 und 1941 trat er in vier Spielzeiten
am Teatro Colón Buenos Aires auf. 1926 folgte er einem Ruf an die
Metropolitan Oper New York (Antrittsrolle: Tannhäuser); er eilte
an diesem Opernhaus bis zu seinem Abschied 1950 von Erfolg zu Erfolg.
Mehr als 200mal hat er allein die Partie des Tristan auf der Bühne
gesungen (davon 129mal an der Metropolitan Oper); an der Metropolitan
Oper ist er in 24 Spielzeiten und insgesamt in 499 Vorstellungen (davon
387 Vorstellungen in deren New Yorker Haus) aufgetreten. Er hat an der
Metropolitan Oper nur seine Wagner-Heroen gesungen, obwohl er in anderen
heldischen Partien (Florestan im »Fidelio«, Othello von Verdi)
sehr geschätzt wurde. Nur in der Abshiedsvorstellung für den
Direktor Giulio Gatti-Casazza sang er 1935 in einem »Spectacle coupé«
den Othello im 4. Akt dieser Verdi-Oper. Seit 1947 betätigte er sich
in Amerika auch beim Film (»Luxury Liner«, 1947; »The
Stars are Singing«, 1952). Nachdem er seine Karriere als Opernsänger
aufgegeben hatte, trat er noch in Operetten, Musicals und Revuen auf.
1965 errichtete er eine Stiftung in Höhe von 250 000 Dollars für
junge Sänger. - Die Stimme von Lauritz Melchior verkörperte
das Ideal eines Heldentenors schlechthin; ihre baritonale Wärme,
ihre Kraft und ihr strahlender Glanz in den hohen Lagen und ihre grandiose
Dramatik des Vortrages gaben seinen Wagner-Heroen etwas Unvergleichliches,
doch sang er mit Meisterschaft auch Partien aus dem übrigen heldischen
Repertoire. Er gehört zu den größten Heldentenören
nicht nur seiner Generation sondern in der Geschichte der Gesangskunst.
Lit: H. Hansen: »Lauritz Melchior« (Kopenhagen, 1965); S.
Emmons: »Tristianissimo« (New York, 1990); E. Arnosi: »Lauritz
Melchior: El Coloso Wagneriano« (Buenos Aires, 1994); A. Heckner:
»Lauritz Melchior« (Bayreuth, 1995).
Schallplatten: Als erste Aufnahmen, noch als Bariton, kamen 1913 in Dänemark
einige Odeon-Platten heraus. Als Tenor sang er viele Aufnahmen auf Polydor,
Parlophon (1921), HMV (seit 1928), Brunswick und Victor-RCA; Polyphon-Aufnahmen
in dänischer Sprache. Dazu viele Privataufnahmen von Opernaufführungen
und Runfunksendungen, u.a. auf UORC (vollständige Oper »Lohengrin«,
Metropolitan Oper, 1943), auf Acanta Ausschnitte aus der »Götterdämmerung«
(London, 1938); auf Accord (»Lohengrin«, Metropolitan Oper,
1947), auf EJS Mitschnitte weiterer Aufführungen der Metropolitan
Oper (»Tristan«, 1935, »Tannhäuser«, 1936,
»Walküre«, 1940), auf The Legendary Performance »Siegfried«,
ebenfalls aus der Metropolitan Oper (1931), auf Melodram »Tristan«
von 1941, schließlich auf ANNA-Records ein weiterer »Tristan«
(Covent Garden Oper London, 1957). Mit Sicherheit sind eine Anzahl weiterer
derartiger Aufnahmen vorhanden.
[Nachtrag] Melchior, Lauritz; er sang bei den Bayreuther Festspielen
im einzelnen 1924 und 1925 den Parsifal, 1924-25 und 1931 den Siegmund,
1927-30 den Siegfried im Nibelungenring, 1930-31 den Tristan, 1931 den
Tannhäuser. Er trat als Gast an der Wiener Staatsoper 1925, 1931
und 1934, am Théâtre de la Monnaie Brüssel 1933 und
1934 auf, an der Grand Opéra Paris 1931-33 als Tristan. Weitere
Gastspiele 1929 am Teatro Liceo Barcelona, 1931 an der Oper von Antwerpen,
1931 auch in Den Haag, 1932 an der Oper von Monte Carlo (in einem Wagner-Konzert).
1950 verabschiedete er sich als Lohengrin vom Publikum der New Yorker
Metropolitan Oper. - Lit: S. Emmonds & H. Hanson: Tristanissimo (New
York, 1990).
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