"Leider konnte ich in Tristan und Isolde nicht die Isolde singen! Und die Brangäne mochte ich nicht - ich finde sie äußerst dumm und dadurch gefährlich. Warum gibt sie den Liebestrank statt des befohlenen Todestrankes, warum warnt sie im zweiten Akt die Liebenden so spät und stürzt erst herein, als König Marke auch schon kommt, um Tristan und Isolde zu entdecken! Im letzten Akt kommt sie auch zu spät, um Isolde zu sagen, daß Marke ihr verzeiht; da ist Isolde schon halb in Trance, um ihren Liebestod zu singen. Nein - ich mag die Figur nicht! Natürlich, der Nachtruf ist eine herrliche Stelle, das Paradoxon, die höchste Aufregung in langgehaltenen Tönen zu komponieren! Aber falls man einen Dirigenten hat, der sich »badet« und diese Stelle zu breit nimmt, kann man fast nicht zu Ende kommen! Zu Karl Böhm ging ich und bat ihn, mir mit einem flüssigen Tempo zu helfen, worauf er mir antwortete: 'Aber Christa, dann wird es ja ein Walzer!"

(Christa Ludwig, 1999, S.116)