"Da am 4. August Tristan und Isolde gegeben werden sollte, schien es früh genug, am 1. August in München einzutreffen. Nußbraun gebrannt, durch eine arge Entzündung an beiden Lippen meinem Paßbild etwas untreu geworden, erregte ich schon auf dem Fährschiff nach Lindau [von Wallis in der Schweiz kommend] die Aufmerksamkeit der Grenzorgane, die mich sofort nach der Landung peinlich verhörten. Erfolg: Schutzhaft in einem nahem Hotel zu einer Art besseren Stubenarrestes. Der Paß wurde mir abgenommen, doch durfte ich telegraphieren (...). Die Tristan-Vorstellung gefährdet? Unvorstellbar! Man ruft im Ministerium an, im Polizeipräsidium. (...) Wie wir später erfuhren, paßte mein Signalement auf eine russische Spionin, deren Ankunft auf dem gleichen Schiff der Behörde mitgeteilt worden war. Was aus ihr geworden ist, ist unbekannt. (...) Doch auf der Fahrt nach München hatte ich schon wieder alles verziehen und lachte über den komischen Zwischenfall."

Sigrid Onégin

(in Onégin / Penzoldt, F. 1953, S. 238-9)