Leisner, Emmy, Alt, * 8.8.1885 Flensburg, 12.1.1958 Flensburg;
sie sprang mit 16 Jahren in ihrer Heimatstadt Flensburg bei einem Konzert
für eine indisponierte Sängerin ein. Sie studierte dann in Berlin
bei Helene Breest und wurde dort durch den berühmten Chordirigenten
Hugo Rüdel entdeckt. Wahrscheinlich fand ihr Operndebüt bereits
1911 am Hoftheater von Weimar als Erda im »Siegfried« statt.
Im gleichen Jahr gab sie in Berlin ihre ersten Konzerte und Liederabende,
die sogleich eine ungewöhnliche Beachtung fanden. Sie sang darauf
in Konzerten mit dem Leipziger Thomanerchor unter Karl Straube und hatte
ursprünglich vor, eine reine Konzertkarriere zu entwickeln. Man überredete
sie jedoch 1912 bei den berühmten Aufführungen unter Jacques-Dalcroze
in Hellerau bei Dresden die Titelpartie im »Orpheus« von Gluck
zu übernehmen, die sie 1912 mit sensationellem Erfolg zum Vortrag
brachte. Darauf schlug sie nun auch eine große Bühnenkarriere
ein. An der Berliner Hofoper sang sie 1913 als Antrittsrolle die Dalila
in »Samson et Dalila« von Saint-Saëns und wurde danach
als Amneris in »Aida« bewundert. Zu den weiteren Partien,
die sie an diesem Haus sang, gehörten die Carmen, die Azucena im
»Troubadour«, die Nancy in Flotows »Martha« und
Aufgaben aus dem Wagner-Repertoire. Sie war 1913-21 an der Berliner Hofoper
(seit 1918 Staatsoper Berlin), 1922-23 war sie an der Großen Volksoper
in Berlin engagiert, und gehörte 1923-25 dem Deutschen Opernhaus
Berlin an. Hier wirkte sie 1923 in der Uraufführung der Oper »Holofernes«
von E.N. von Reznicek mit. Bei den Bayreuther Festspielen sang sie 1925
die Erda, die Waltraute und die 1. Norn im Nibelungenring. Im Mittelpunkt
ihrer künstlerischen Arbeit stand jedoch während ihrer gesamten
Karriere ihre Konzerttätigkeit. Sie gab bereits 1911 und 1912 (dann
auch wieder 1921) Konzerte in Wien, 1922 in Oslo, 1928 an der Mailänder
Scala, 1931 in Den Haag, 1931 und 1932 in London, 1939 in Florenz und
Bologna (Hohe Messe von J.S. Bach), 1940 in Kopenhagen, 1919, 1921, 1930
und 1936 in Stockholm. 1913 nahm sie an einer großen Italien-Tournee
(zusammen mit Georg A. Walter und A. van Eweyck) teil, bei der es zu Aufführungen
der Matthäuspassion von J.S. Bach, u.a.in Mailand, Turin und Bologna,
kam. Sie galt als eine der größten Liedersängerinnen ihrer
Generation, dazu war sie eine bedeutende Bach- und Händel-Interpretin.
Ihre Konzerte und Liederabende waren jahrelang Höhepunkte im deutschen
wie im internationalen Musikleben. Noch 1951 trat sie in ihren Liederabenden
vor das Publikum. Seit 1939 lebte sie in Kampen auf Sylt, nachdem sie
mehrere Professuren an Musikhochschulen, die man ihr antrug, ausgeschlagen
hatte. - Tiefe, hochmusikalische Altstimme, deren dunkler Bronzeton ebenso
geschätzt wurde wie die Stilsicherheit und Ausdrucksfülle ihres
Vortrages. Ihre Schwester, Thyra Hagen- Leisner ( 1938) war Sopranistin
und wurde vor allem durch ihre Auftritte bei den Göttinger Händel-
Festspielen bekannt. Dort sang sie 1920 die Titelrolle in der Händel-Oper
»Rodelinda«, die sie bei den Festspielen von 1924 wiederholte
und dazu die Romilda in »Xerxes« von Händel übernahm.
Sie war seit 1914 mit Professor Oskar Hagen verheiratet, auf dessen Anregung
die Göttinger Händel-Festspiele zurückgingen.
Schallplattenaufnahmen auf Pathé (wohl ihre ältesten Aufnahmen,
vor 1914 entstanden), Odeon, Polydor (akustisch wie elektrisch gefertigte
Aufnahmen), HMV (seit 1914; 1932 nochmals die Szene der Fricka aus der
»Walküre«, während des Zweiten Weltkrieges Lieder
unter dem Etikett von HMV-Electrola), DGG (Siemens Spezial); unveröffentlichte
Edison- Platten.
|