Fremstad, Olive, Sopran/Alt,
* 14.3.1871 Stockholm, 21.4.1951 Irvington-Hudson bei New York;
eigentlich Olivia Rundquist. Ihr Vater war Arzt und Evangelist; sie spielte
als Kind bereits bei seinen Gottesdiensten die Orgel. Sie kam im Alter von
zehn Jahren im die USA und wurde von einem amerikanischen Eheparr adoptiert.
Sie trat bereits ganz jung als Pianistin auf, entschloß sich dann
jedoch zum Gesangstudium bei E.F. Bristol in New York. 1890 sang sie in
Boston die Lady Saphir in der Operette »Patience« von Sullivan.
1891 gab sie ihre erstes professionelles Konzert im New Yorker Lenox Lyceum.
1893 kam sie nach Europa und wurde Schülerin von Lilli Lehmann in Berlin,
die ihren Stimmumfang dahin erweiterte, daß sie auch Sopranpartien
singen konnte. Debüt 1895 am Opernhaus von Köln als Azucena im
»Troubadour«. Sie blieb für fünf Jahre in Köln
und gastierte von dort aus in Amsterdam und Antwerpen und sang 1896 auch
bei den Festspielen von Bayreuth die Floßhilde, die 1. Norn und die
Roßweiße im Nibelungenring. 1898 erschien sie als Gast an der
Wiener Hofoper. In den Jahren 1900-1903 wirkte sie an der Hofoper von München.
Dort erregte sie in ihren Wagner- Partien wie auch als Carmen großes
Aufsehen. 1902 und 1903 war sie an der Covent Garden Oper London zu Gast,
wo sie als Ortrud im »Lohengrin«, als Brangäne im »Tristan«
und in der englischen Erstaufführung der Oper »Der Wald«
von Ethel Smyth große Erfolge hatte. 1903 wurde sie an die New Yorker
Metropolitan Oper berufen (Antrittsrolle: Sieglinde in der »Walküre«).
1906 glänzender Erfolg an der Metropolitan Oper als Carmen, 1907 kreierte
sie hier die Salome in der amerikanischen Premiere der gleichnamigen Oper
von R. Strauss, wobei es zu einem Skandal kam (der sich gegen das Werk,
nicht gegen die Interpretin richtete), so daß die Oper nach nur einer
einzigen Aufführung vom Spielplan abgesetzt werden mußte. Die
Künstlerin hatte auf die Einstudierung dieser Partie zwei Jahre aufgewendet;
sie sang sie auch 1907 am Théâtre Châtelet in Paris.
1910 gestaltete sie an der Metropolitan Oper die Titelheldin in Wagners
»Armida« mit Enrico Caruso als Partner. Ihre weiteren Rollen
an der Metropolitan Oper waren die Brangäne, die Fricka und die Brünnhilde
im Nibelungenring, die Elisabeth wie die Venus im »Tannhäuser«,
die Elsa im »Lohengrin«, die Kundry im »Parsifal«,
die Santuzza in »Cavalleria rusticana« und die Tosca. 1910 Gastspiel
an der Grand Opéra von Paris als Isolde in »Tristan und Isolde«
von R. Wagner unter Arturo Toscanini. Gastspiele führten sie auch an
die Opern von Chicago und Boston. In San Francisco sang sie wenige Stunden
vor dem verheerenden Erdbeben vom 18.4.1906 die Carmen als Partnerin von
Enrico Caruso, doch entkamen beide Künstler der Naturkatastrophe. Sie
verließ 1914 die Metropolitan Oper wegen Differenzen mit deren Direktor
Giulio Gatti-Casazza. Ihre Abschiedsvorstellung an der Metropolitan Oper
endete mit einer unvergleichlichen Ovation für die beliebte Sängerin;
sie mußte 19mal vor den Vorhang treten. Sie hatte an der Metropolitan
Oper (in deren Haus in New York) 18 große Partien in 206 Vorstellungen
gesungen. Seit 1914 gab sie in den USA sehr erfolgreiche Konzerte. 1915-
16 an den Opern von Chicago und Boston. 1918 sang sie mit dem Ensemble der
Oper von Chicago nochmals in Minneapolis die Tosca. 1920 fand ihr Abschiedskonzert
in der Aeolian Hall in New York statt; seitdem lebte sie dort als Pädagogin.
Ihre letzte Lebensjahre wurden durch eine schwere rheumatische Erkrankung
getrübt. - Üppige dramatische Stimme, die zu einer suggestiven,
leidenschaftlichen Steigerung befähigt war und wohl ihr Bestes im Wagner-Repertoire
gab.
Von ihr sind relativ wenige Schallplatten auf Columbia (1911-13) erschienen.
Lit.: Watkins Cushing, Mary: "The Rainbow Bridge" (Olive Fremstad
Biogr.) Toronto, 1954; L. Migliorini & J. Dennis: Olive Fremstad (in
»Record Collector«, 1952).
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