Kappel, Gertrude, Sopran, * 1.9.1884 Halle/ Saale, 3.4.1971 Höllriegelskreuth
bei München; sie studierte u.a. bei Oscar Noë am Konservatorium
von Leipzig und wechselte während dieses Studiums vom Alt- ins Sopranfach.
Sie debütierte im Oktober 1906 als Leonore im »Fidelio«
am Hoftheater Hannover, dessen Ensemblemitglied sie dann 1907-22 war. Sie
wandte sich dem hochdramatischen Stimmfach zu und wurde vor allem als Wagner-Interpretin,
aber auch als Elektra und als Marschallin im »Rosenkavalier«
von Richard Strauss, bekannt. 1922-28 gehörte sie der Staatsoper Wien
an, wo sie sehr beliebt war; 1926-32 war sie Mitglied der Bayerischen Staatsoper
München. Sie gastierte 1909 und 1910 an der Hofoper Berlin, 1926 in
Amsterdam (als Isolde im »Tristan«), 1933 an der Berliner Staatsoper.
1922 sang sie bei den Festspielen von Salzburg die Donna Anna im »Don
Giovanni«. Sie trat als Gast in den Jahren 1912-14 und 1924-26 an
der Covent Garden Oper London auf, außerdem in Berlin, Hamburg und
Amsterdam. An der Wiener Staatsoper hatte sie ihre großen Erfolge
als Marschallin im »Rosenkavalier«, als Färberin in der
»Frau ohne Schatten« von R. Strauss, als Königin von Saba
in der gleichnamigen Oper von Goldmark, als Ortrud im »Lohengrin«,
als Titelfigur in »Violanta« von Korngold und in Wagnerpartien.
Dazu fanden sich in ihrem Repertoire für die Bühne die Agathe
im »Freischütz«, die Pamina in der »Zauberflöte«,
die Elisabeth wie die Venus im »Tannhäuser«, die Gräfin
in »Figaros Hochzeit«, die Rezia im »Oberon« von
Weber, die Sulamith in der »Königin von Saba«, die Hilde
im »Armen Heinrich« von Hans Pfitzner, die Myrtocle in den »Toten
Augen« von E. d'Albert, die Titelrolle in »Mona Lisa«
von M. von Schillings, der Octavian im »Rosenkavalier«, die
Amelia in Verdis »Maskenball«, die Aida, die Santuzza in »Cavalleria
rusticana«, die Rachel in »La Juive« von Halévy,
die Salome von R. Strauss und die Rosalinde in der »Fledermaus«.
1927-36 war sie Mitglied der Metropolitan Oper New York, an der sie 1928
als Antrittsrolle die Isolde im »Tristan« sang. An der Metropolitan
Oper trat sie (in deren New Yorker Haus) in 112 Vorstellungen und in 15
verschiedenen Partien auf. Hier sang sie auch 1932 die Titelrolle in der
Premiere der Richard Strauss-Oper »Elektra« und war besonders
erfolgreich als Ortrud im »Lohengrin« und als Marschallin im
»Rosenkavalier«. Ihre Karriere stand dort später jedoch
im Schatten der großen Wagner-Sopranistin Kirsten Flagstad. 1933 an
der Oper von San Francisco als Isolde im »Tristan« zu Gast.
1937 trat sie von der Bühne zurück und lebte dann auf ihrem Landsitz
in Oberbayern. - Groß dimensionierte, dunkel gefärbte Stimme,
deren Ausdrucksfülle vor allem in Partien wie der Brünnhilde,
der Isolde, der Elektra oder der Marschallin im »Rosenkavalier«
bewundert wurde. Neben Kirsten Flagstad und Frida Leider war sie zweifellos
die bedeutendste Wagnersängerin ihrer Generation.
Schallplattenaufnahmen auf Favorit (Hannover, 1908) und auf Polydor.Grammophon
(1924). Auf EJS erschienen teils Mitschnitte, teils Auszüge aus den
Wagner-Opern »Tristan«, »Walküre« und »Götterdämmerung«
sowie »Elektra« von R. Strauss, auf Koch/Schwann kamen Mitschnitte
aus Aufführungen der Wiener Staatsoper der dreißiger und vierziger
Jahre heraus (Brünnhilde im Nibelungenring).
"Eine neue Sängerin ist Mme. Kappel natürlich
für New York. In Europa sind ihre hinreißenden, erregten, feurigen
Verkörperungen der großen Wagner-Gestalten - Isolde, Brünnhilde,
Kundry - seit langem vertraut und wurden bei den Festival von München,
am Covent Garden und Wien umjubelt ... Mme. Kappel ist mit Stimme reich
gesegnet. Es ist ein wirkliches Wagner-Organ, reich, warm, durchhaltekräftig.
Sie setzt es ein mit Subtilität und Finesse, die keine Sängerin
der Isolde seit Ternina hat zeigen können. Sie phrasiert mit der
Sensibilität einer versierten Liedersängerin; mit einem ständigen
Spiel der Farben und Nuancen, dazu mit exquisiten Gebrauch der Mezzavoce."
(Gilman, Lawrence über das Isolden-Debut von der Kappel an der MET,
'Herald Tribune', 17.Jan.1928) [in Kesting, J. 1986, S. 787]
"AFTER THE WAR. Gatti-Casauzza was willing
to experiment with a succession of singers while he maintained the Wagner
works as a central part of his repertoire. The Swedish soprano Nanny Larsen-Todsen
was one of those who arrived in the 1920s, but her 1925 debut was postponed
because, in the words of the Met pay book, 'horse at reh. of Gottung.
stepped upon her.'
W. J. Henderson used her first Isolde to summarize Wagnerian singing in
New York: 'The performance of Tristan und Isolde on Saturday afternoon
did much toward sweeping the Wagnerian department of the Metropolitan
Opera House back into the atmosphere of the eighties. The younger generation
of operagoers does not know Mme. Katherine Klafsky [with the Damrosch
Opera Company] or her name would now be coupled with that of Mme. Nanny
Larsen-Todsen, who was the Isolde. Mme. Klafsky radiated vast quantities
of super-heated temperament and sang Wagner's music with immensity of
voice and physical vigor. Her Isolde was tumultuous, irresistible, and
unmusical. It was the antipodes of the Isoldes of Mme. Rosa Sucher and
Mme. Ternina. Mme. Lehmann, who trumpeted the role in clarion tones and
wore a regal majesty, was the one mighty Isolde of those times. Mme. Larsen-Todsen
can-not be called unmusical since she shows a sense of melodic line and
an appreciation of phrase. But on Saturday she was said to be still suffering
from a cold and this may have accounted for some of the stridency of her
singing and the unsteadiness of her tone. But her Isolde was conceived
in the heroic mold and had theatrical force and authority. This kind of
impersonation, however, is likely to restore life to the long dead theory
that operas can be given without good singing. In spite of Lehmann and
[Emil] Fischer, this theory prevailed here up to the time when the De
Reszkes, Nordica and their associates proved that the tragic Wagner dramas
could be beautifully sung and that they were all the greater when so presented."
(in Tuggle, Robert New York 1983, S. 196-7)
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